Dafür hat sich der ehemalige Azubi nach der Ausbildung nebenberuflich zum Fachwirt und Betriebswirt oder zum Meister etc. weitergebildet. Hat also neben einem Vollzeitjob nochmals eine weiterführende Ausbildung. Der hat dann nicht nur immense praktische Erfahrung, sondern auch die theoretische.
Hab selbst einen guten Kumpel, der im vergangenen Jahr seine Ausbildung abgeschlossen hat und dem jetzt zusätzlich zum Vollzeitjob noch ein weiterbildendes Studium vom Arbeitgeber nahe gelegt wurde.
Hatte mich letztens noch um Hilfe bei einer Aufgabe für die Wiederholungsübungen gebeten. Dabei hatten wir uns dann auch mal über seinen wöchentlichen Ablauf unterhalten: Klar ist das stressig, wenn man nachmittags um 5 nach Hause kommt und dann eigentlich noch eine Stunde lernen soll, um den Stoff von der Blockvorlesung vom vergangenen Samstag nachzuholen. Und klar ist das ebenso nervig, wenn man seinen eigentlichen hochverdienten, freien Samstag noch opfern soll, um einen langen Weg zur Vorlesung auf sich zu nehmen. Da hab ich auch vollstes Verständnis dafür, wenn man auch mal keine Lust mehr hat. Sagt er ja selbst von sich. Entsprechend kann ich ihm nur den größten Respekt für sein Engagement zollen.
Allerdings muss ich auch mal einen Punkt machen: Das weiterbildende Studium dort kann ich nicht vergleichen mit dem Studium an der Uni. Wenn man dort ein Vollzeitstudium auf sich nimmt, dann ist das auch wieder eine andere Welt und der theoretische Hintergrund geht weit über das hinaus, was ein anderer neben einem Vollzeitjob am Wochenende lernen soll. Insofern fordere ich dann genauso von meinem Kumpel den Respekt ein. Ganz einfach.
Ausserdem zeigt er Engagement und dass er nach 7 Tage x 8 Stunden Arbeit zusätzlich noch zur Schule gehen, lernen und Prüfungen bestehen kann.
Sicher. Wie gesagt, großen Respekt dafür. Allerdings ist das weiterbildende Studium neben dem Job wie gesagt nicht so zeitaufwändig wie ein Vollzeitstudium. Noch dazu hat man sich den Weg dann ebenso ausgesucht und wird immerhin nach fertiger Ausbildung recht solide bezahlt. Ein Student bleibt abhängig von den Eltern oder muss sich ebenso zeitlich und nervlich im Nebenjob aufreiben, um wenigstens für seinen Unterhalt sorgen
und sich zugleich bilden zu können.
Im Gegensatz dazu hat der Akademiker noch nie einen Vollzeitjob ausgeübt. Im Endeffekt weiß er selbst ja nicht, ob er dafür geschaffen ist. Wie soll es Arbeitgeber das dann erst wissen? Vielleicht ist er 'ne totale Pfeife, der keine einzige Arbeit gebacken kriegt oder sein Maul nicht aufkriegt, wenn er der erste Kollege mit einem Problem zu ihm kommt.
Das kann man so nicht generalisieren. Einige Studiengänge schließen verpflichtend ein Praktikum ein, bei dem man zumindest vier Wochen in einem Betrieb gearbeitet haben muss. Vollzeit. War bei mir nicht anders. Ich würde mal behaupten, ein grobes Bild von der freien Wirtschaft da draußen zu haben und weiß auch, wo ich mich später im Vollzeitjob sehe. Keine Sorge, ich hab schon über mehrere Wochen 8 Stunden pro Tag gearbeitet, dazu Wochenendschichten à 10 Stunden. Ist ein harter Job, wenn man am Fließband steht und völlig monotone Arbeit verrichtet.
Aber natürlich geb ich dir auch wieder insofern recht, dass viele Studenten nicht wissen, was sie später mit ihrem Bachelor oder Master anfangen sollen. Man bewirbt sich eben mal und bemüht sich wohl auch darum, den Job hinzubekommen. Jedenfalls glaub ich nicht, dass ein Student mit Abschluss danach nicht bereit ist, seine Arbeit vernünftig zu erledigen und mit seinen Aufgaben zu wachsen. Und eine gewisse Einarbeitungszeit braucht jeder, auch oder speziell dann, wenn er mit theoretischer Grundbildung von der Uni kommt.
Wie gesagt, Respekt für beide Parteien sollte man haben. Und was ich vielleicht zurücknehmen sollte, ist der Ausdruck "höhere Positionen", falls dir das sauer aufstoßen sollte. Sagen wir: "Andere Positionen" für die Akademiker. Insofern denke ich nicht, dass ein Vergleich direkt möglich ist.
Aber es ist nun mal Tatsache, dass der Auszubildende für andere Tätigkeiten qualifiziert als der Akademiker. Sonst bräuchte man diese Trennung von Praxis und Theorie ja nicht mal.