hab ich geschrieben:
Wu-Tang meets the Indie Culture
Es war in letzter Zeit nicht immer gut um den Wu-Tang Clan bestellt gewesen. Interne Zerwürfnisse,
Distanziertheit, musikalisch nicht mehr auf der Höhe. Das der Clan aber dennoch alles andere als tot ist, beweist neben
einem extrem vielversprechendem Katalog an kommenden Projekten u.a. auch dieses nun vorliegende Projekt, initiiert durch
Royal Fam Member, Wu-Tang affiliate der ersten Stunde Dreddy Kruger. Dieser hatte es schlichtweg satt gehabt, was heutzutage
im modernen Mainstream HipHop so getrieben wird und entschloss sich kurzerhand zur einer wirklich außergewöhnlichen Compilation:
Erstmalig sollte es zu einem offiziellen Clash zwischen Wu-Tangern und deren so urtypischen Beats und Sounds mit gestandenen
Undergroundikonen kommen. Was sich vorher eigentlich hier und da mal kurz abzeichnete wurde nun Wahrheit. Denn:
Viele der heutigen UG-Artists haben u.a. wegen dem Clan angefangen zu rappen, viele andere hatten nichts als Liebe für diese einzigartige Formation übrig. Umso mehr verwunderte es bisher stets, das der Clan selten - gar nicht Leute aus dem Untergrund featurete.
Dies fragte sich auch Dreddy Kruger und so entschloss er sich zu einer Zusammenführung zweier Welten.
Wer ist denn nun mit an Board? Die Liste der Betiligten liest sich wie ein Who's-who der Szene: Ra the Rugged Man, Ras Kass,
Littles, QB-Legende Tragedy Khadafi, Cannibal Ox, Aesop Rock, Del the funky Homosapien, C-Rayz Walz, Sean Peeeeee, Scaramenga,
MF Doom, Planet Asia, J-Live. Hinzu kommen: eine russichstämmige Female-MC namens Byata die einen überraschend sehr guten Eindruck macht sowie aus dem Wu Umfeld: RZA, GZA, U-God, Prodigal Sunn, Timbo King, Solomon Childs, Bronze Nazareth, LA the Darkman.
Zunächst mag zwar etwas enttäuschen, dass nur 3 der insgesamt 8 originalen Wu-Tang Clan Member mit an Board sind (R.i.P. ODB).
Auch ist der RZA nur für einen einzigen (aber schönen) Beat verantwortlich. Aber das soll nicht weiter ins Gewicht fallen.
Die Beats besorgte zu einem Großteil RZA Schüler Bronze Nazareth,der seine Arbeit hervorragend macht: Seine Beats werden dem originalen
Wu-Sound sehr gerecht ohne dabei in bloße Zitate und Recycling zu verharren. Dabei sticht vor allem die Vorliebe für subtil-gepitchte Voicesamples heraus, die einst der RZA seit Bomben wie "Shadowboxin' ", "Snakes", "Ice Cream" so perfektionierte(und nicht zu vergleichen sind mit dem Generve von Kanye West und Konsorten dies es quasi zu einer Mode gemacht haben). Auch der Soul bleibt (gerade deswegen?) nicht auf der Strecke: Sanfte Vocalloops, warme Streicher gibt es hier zur Genüge und dürften alljenen schwer zusagen, die einen warmen, organischen Sound mögen der aber zu jeder Zeit den Duft der Strassen atmet und somit bodenständige aber echte, herzliche Emotionen zu vermitteln vermag. Man höre potenzielle Instantclassics wie das wunderschön getragene "Street Corners" oder das an den Wu-Sound extrem stark reminiszierende "Verses" und man weiss was die Stunde geschlagen hat: Eine Wiedererstarkung des WU.
Doch in seichten Gewässern bleibt man beileibe nicht stehen: Die unglaubliche Paarung zweier Ausnahmelyricists, Ras Kass und GZA,
stampft kraftvoll nach vorne und gibt gleich zu Beginn der Compilation die Richtung vor und "Think Differently" (benannt nach Dreddy Krugers neuem Label "Think Differently Music") sportet einen schwer-düsteren Beat auf dem sich solch illustre Gestalten wie Tragedy Khadafi oder Vordul Megalah von Can' O richtig austoben dürfen. Gerade Vordul Mega beeindruckt mit seiner unglaublich finsteren Stimme. A propos Stimmen: Die Paarung zwischen Aesop Rock und Hieroglyphics Champion Del auf "Preservation"macht schon alleine wegen ihrer Stimmen eine menge Sinn, ergänzen sich doch beide mit ihren ureigenen morbid-lässigen , ich nenne es mal "Matsch"flows perfekt.
Sonst noch was? Ra the Rugged Man zerstört einen netten Streicherbeat mit extrem slicken Flow, Vast Aire macht sich breit auf "Slow Blues", welcher durchtränkt ist mit funky Gitarrenriffs und RZA und MF Doom zelebrieren den Clash der Titanen auf der Vorabsingle "Biochemical Equation".
Einzige Beiträge die das Gesamtbild etwas schmälern ist zum einen Dels Solo "Fragments", auf welchem er zwar einen schönen Beat zur Verfügung hat, er aber mit seinem Sing-Sang eher anfängt ziemlich schnell zu nerven. Das hätte nicht sein dürfen, auch wenn es beim ersten Mal noch halbwegs amüsant klingt. Auch "Cars on the Interstate" der mir unbekannten CCF Division (laut Booklet eine neue Entdeckung von RZA), ist sehr solide, hält aber vor allem beattechnisch nicht ganz das Niveau der anderen Tracks. Dazu klingt dieser zu sehr nach der ersten Killabees Compilation (was ja aber auch nicht schlecht sein muss).
Kommen wir noch zu einigen Besonderheiten: Das "ODB Tribute" ist ein kleiner Track ohne Rap sondern nur bestückt mit einem bedächtlichen Beat und schönen Cutz von DJ Noize, doch gerade das ist erfrischend anders für ein Tribute und wird dem Sinn mehr als gerecht. Gänsehaut.
Und:
Jim Jarmusch, Regisseur von Filmen wie "Ghost Dog", "Coffee & Cigarettes" lies es sich nicht nehmen, seine schon in seinen Filmen aufgezeigte Verbundenheit mit dem WU nochmals zu intensivieren indem dieser zwei kurze Skits spricht in denen es um die Musik als solche geht. Das macht er extrem cool, denn Jim hat eine "dope" Stimme wie Dreddy im Booklet angibt. Das kann man so stehenlassen.
Abschließend sei zu sagen, dass Dreddys große Unternehmung wirklich als geglückt zu bezeichnen ist. Das Album macht zuversichtlich im Hinblick auf anstehende, neue Wu-Releases und ist auch als alleinstehendes Werk in sich sehr stimmig, einheitlich und von großen MCs getragen. Man darf also gespannt sein,wie sich das Wu-Universum noch so entwickelt. Mit diesem Album auf jeden Fall in die richtige Richtung.