Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, aber die Geschichte liefert einige interessante Hintergrundinfos. Das Buch ändert zwar nichts an der Reise von Roland und seinem Ka-Tet, aber mal ernsthaft, wer hat das auch erwartet? Es wurde schon vor der Veröffentlichung klar gemacht, dass das Buch zwischen Band 4 und 5 geschoben wird - Da war von Anfang an klar, dass es nichts an der Handlung der späteren Bücher ändern wird. Dementsprechend verstehe ich auch die ganzen Rezensionen nicht, die genau das bemängeln. Wenn man sich mal das Gegenteil vorstellt, dann wäre die Situation noch gravierender: Mal angenommen, in TWTTK wäre ein super-duper Mega-Storytwist gekommen. Das hätte nur funktioniert, wenn King gleichzeitig die nächsten drei Bücher umgeschrieben hätte, so wie er es mit Band 1 in Hinbick auf das Ende von Band 7 gemacht hat. Es wäre doch sehr merkwürdig, wenn in TWTTK irgendetwas unheimlich wichtiges passiert wäre, was danach aber nie wieder aufgegriffen wird. Band 8 (oder 4.5) hat soviel mit dem Dunklen Turm zu tun wie Band 4 - Die Reise Richtung Turm kommt zwar kaum voran, aber wir erfahren einiges über die Welt an sich.
Die Szenen mit dem Ka-Tet dienen also nur als Rahmenhandlung - Gerade genug, um die Wanderung vom Kristallpalast aus Band 4 zu der Calla Bryn Sturgis aus Band 5 zu beschreiben, aber eben hauptsächlich als Grundlage für die erzählte Geschichte aus Rolands Vergangenheit. Debaria wird von einem Skin-Man heimgesucht, der sich als Formwandler in alle möglichen Tierarten verwandelt und die Stadt terrorisiert. Der ganze Abschnitt liest sich wie eine typische King-Horrorgeschichte. Einiges an Blut und Gemetzel (King halt
), aber eben gemischt mit der Kleinstadt-Atmosphäre, die King einfach draufhat. Debaria ist wie eine Mischung aus Mejis (Band 4) und Tull (Band 1). Die Erzählung an sich ist im gesamten Kontext relativ bedeutungslos, liefert aber dennoch den einen oder interessanten Punkt.
Wir wissen jetzt z.B. etwas mehr über Jamie DeCurry, der in der gesamten Saga zwischendurch immer mal erwähnt wird, aber nie weiter beschrieben wird. Wir wissen, dass Rolands Mutter nach ihrem Aufenthalt in Serenity wusste, dass sie von Roland getötet wird - und wir wissen, wieso die Tötung seiner Mutter Roland später nicht mehr belastet, als es vielleicht sollte. Und wir kriegen ein bisschen mehr von der Haltung der Menschen gegenüber Gilead mit, was gerade hinsichtlich des Guten Mannes John Farson wichtig wird, der ja bei den einfachen, ländlichen Leuten sehr viele Befürworter findet, was letztendlich zum Fall Gileads (Stichwort Jericho Hill) führt.
Das Märchen "The Wind Through the Keyhole" ist dem sehr ähnlich. Die Geschichte an sich ist nett zu lesen, aber so richtig interessant sind im Grunde die Hintergrundinformationen, die wir zwischendurch immer wieder mal erhalten. Und die sind diesmal schon ziemlich relevant:
1) Wir wissen, dass Randall Flagg / Walter / Marten / der Mann in Schwarz schon zu dem Zeitpunkt existiert hat, in der das Märchen ursprünglich spielt. Diese Vorahnung kommt schon beim ersten Auftritt des Steuereintreibers, verfestigt sich dann im Laufe der Geschichte und wird dann am Ende bestätigt, als der Steuereintreiber seinen Brief an Tim mit RF / MB unterzeichnet. Das RF ist ja sowieso immer ein sehr deutliches Indiz dafür, dass es sich um den Mann in Schwarz handelt, und dass MB wird ja wohl für Marten Broadcloak stehen. Dass der Mann in Schwarz in dieser Geschichte auftaucht ist, wenn man mal den gesamten Kontext betrachtet, schon irgendwie hart. Erstens sieht man mal wieder, wieso er auch als "Zeitloser Fremder" bekannt ist, und zweitens ist die Vorstellung, dass der Antagonist aus einem Märchen, das Gabrielle Deschain ihrem Sohn Roland erzählt, das gleiche Wesen ist, welches später mit Rolands Mutter schläft, Gileads Untergang hervorruft und letztendlich der Gegenspieler von Roland selbst ist, schon leicht abgefuckt.
2) Wir treffen auf Maerlyn und wissen jetzt endlich, dass Maerlyn und Walter NICHT die selbe Person sind. Außerdem erfahren wir, dass der Mann in Schwarz zwar ein starker Gegenspieler ist, aber bei weitem nicht der mächtigste Zauberer - Maerlyn beschreibt ihn als jemanden mit "sehr langer Lebenszeit und ein bisschen Zauberei." Das macht den Tod vom Mann in Schwarz in Band 7 zwar nicht besser, aber es ist jetzt zumindest
ein wenig glaubwürdiger, dass Mordred ihn so einfach erledigen kann.
3) Maerlyn erwähnt auch den Scharlachroten König und sagt, dass er sich auf einem Balkon des Dunklen Turms ausgesperrt hat. Auch hier: Das macht die Darstellung des Scharlachroten Königs in Band 7 nicht besser, aber es erklärt jetzt zumindest
ein wenig, warum es sich um einen verrückten, alten Weihnachtsmann handelt, der schreiend Harry-Potter-Granaten vom Turm schmeißt. Wenn er wirklich schon zu dem Zeitpunkt, an dem das Märchen spielt, ausgesperrt ist, ist es nachvollziehbar, dass man in dem langen Zeitraum wahnsinnig wird.