Aber so schön alles auch ist, so cool Steampunk sein mag, ich kapier nicht wirklich, wie dieser Steampunk-Zustand zu erklären ist. Offenbar spielt The Order in einer Welt, in der sämtliche Sagen und Legenden Wirklichkeit sind. Die Artussage ist real, Werwölfe sind es, Vampire auch, und deshalb Steampunk? Es gibt keine vernünftige Erklärung wieso sich die Welt entwickelt hat, wie sie es tat, und das ist in meinen Augen ärgerlich. Wieso gibt es hier statt einer Ostindien-Kompanie eine Vereintes-Indien-Kompanie? Hintergründe, die nicht erläutert werden.
Irgendwo muss ich da mal ansetzen, speziell nachdem du Spiele wie
BioShock,
Final Fantasy und
Grim Fandango genannt hast. Da komme ich nämlich nicht mehr mit, was deine Forderungen oder Wünsche hinsichtlich des Settings betrifft. :o
Inwiefern benötigt das Setting eines Spiels eine Erklärung, um an Glaubwürdigkeit zu gewinnen? Oftmals hilft mir sowas auch nicht weiter, sondern lässt die Story und allgemein nur noch hirnverbrannter erscheinen, als sie ohnehin ist. Hirnverbrannt in dem Sinne, dass gewisse Szenarien nunmal über das hinausgehen, was unsere Wirklichkeit hergibt.
Überhaupt verlange ich doch lediglich nach einer Erklärung des Settings, wenn ich das, was unsere Welt auszeichnet, sozusagen als gesetzt betrachte, als das Normale. Oder eben als das, was meine Erfahrungen eben so hergeben. Da gibt's eben keine Werwölfe und Vampire, auch keine Zombies, wenn ich den Bogen mal etwas weiter spannen will.
Mir kommt es so vor, als wolltest du zwingend unsere tatsächliche Geschichte bis ins 15./16. Jahrhundert hinein als Vorgeschichte zu diesem Titel heranziehen. Wer sagt denn, dass das Spiel sich darauf als Grundlage stützen möchte und ebenso darauf das Steampunk-Setting aufbauen möchte?
Abgesehen davon finde ich es völlig legitim, irgendwelche speziellen Mittelchen wie Schwarzwasser einzuführen, um eine übernatürliche Komponente einzubauen. Und dann störe ich mich auch keineswegs an der Existenz von Werwölfen oder Vampiren. Sowas bedarf dann keiner Erklärung, weil ich es als komplette Alternativwelt zu unserer Realität sehe.
Dahingehend kann ich mich auch damit arrangieren, dass es beim
Witcher viel zu viel davon gibt, was außerhalb meiner Erfahrungen liegt: Angefangen beim Hexer selbst, der irgendwie eine harte Zeit der Mutation durchmacht – wie genau sich das mit dem, was ich so kenne, vereinbaren lassen soll, ist mir doch egal. Dann kommen noch Zauberinnen, Trolle, verschiedenste Ungeheuer – sogar Drachen, die auch halb Mensch sind – und solcher Kram dazu. Aber wie das alles funktionieren soll... es wird festgelegt, definiert als ein völlig alternatives 13. Jahrhundert, oder wann auch immer Teil 2 nochmal spielt. :o
Und warum genau stellt man die Ritter des Ordens als jahrhundertealte Krieger dar, die durch Einnahme sogenannten schwarzen Wassers nicht oder nur kaum altern, wenn das eh zu keiner Zeit thematisiert wird?
Die Frage verstehe ich einfach nicht, muss ich gestehen.
Zeig mir mal ein paar Möglichkeiten einer Antwort auf und begründe mir bitte, inwiefern dadurch Immersion und Authentizität gefördert werden.
Für mich ist das eine Komponente, die wieder mal über meine Erfahrung/mein Wissen von Rittern hinausgeht – stinknormale, sterbliche Menschen –, allerdings ist so ein Szenario doch denkbar – im Sinne einer möglichen, in sich widerspruchsfreien Welt.
Die Jungs haben keinerlei Probleme sich an die technisierte Zeit anzupassen, keine Berührungshemmungen mit zeitgenössischer Technik und verspüren trotz ihres unfassbar langen Lebens keinerlei Existenzüberdruss.
Da allerdings geb ich dir gerne recht, zumindest beim letzten Gedanken. Existenzüberdruss hätte man zum Thema machen können, irgendwie in diversen Dialogen zwischendurch auf die tagtägliche Motivation eingehen können. Möglich. Ob das in einem 6-Stunden-Shooter seinen Platz findet, ist eine andere Sache. ;D
Denkbar wäre es aber doch, dass es die Technik auch schon gab, bevor die Ritter geboren wurden. Dann braucht es keine Hemmungen.
Und die Handlung führt buchstäblich ins Nichts, wie eine Brücke, die nicht fertig gebaut wurde. Unheimlich viele Dinge werden nicht zu Ende gebracht, allen voran die Fehde mit der Vereintes-Indien-Kompanie, deren Pläne man ab der zweiten Hälfte des Spiels versucht zu durchkreuzen. Es gibt kein Ende, das Spiel hört einfach auf.
Das hat mich auch ein bisschen enttäuscht. Das Spiel war leider viel zu plötzlich vorbei. Ein paar Stunden mehr Spielzeit wären schon super gewesen; insbesondere, um die Story noch weiter anzutreiben.
Der Stein, in dem das gemeißelt steht ist der Leitfaden für „Wie erstelle ich glaubwürdige Welten?“. Eine jede Welt hat Regeln, an die sie sich zu halten hat. Sie muss - Muss! - in sich stimmig und somit logisch sein.
Da stimme ich dir sehr gerne zu. Hast völlig recht. Logisch heißt für mich aber eigentlich nur, dass ich keine Widersprüche auffinde. Auch die Glaubwürdigkeit leidet nicht darunter, wenn die Welt sich in ihrer Ganzheit nicht zu erklären versucht.
Problematisch wird es doch lediglich dann, wenn ich über die zu konstruierende Spielwelt vorab eine Schablone unserer Realität lege und dadurch in akute Erklärungsnot gelange, wenn ich die Vereinbarkeit von Realität und Spielwelt aufzeigen muss.
The Order: 1886 scheint mir darauf keinen allzu großen Wert zu legen, denn es wird von Beginn an eine Welt definiert, in der es übernatürliche Komponenten gibt. Quasi eine Parallelwelt zu unserer im 19. Jahrhundert. So verstehe ich das Spiel.
So ist es in Bioshock mit der Stadt Rapture, bei der man genau weiß, wieso Rapture in dem Zustand ist, den man in Bioshock zu Gesicht kriegt.
Errichtet auf dem Fundament der tatsächlichen Menschheitsgeschichte bis hin ins 20. Jahrhundert hinein. Muss aber nicht in jedem Spiel so sein. Beim
Witcher beispielsweise hab ich diese Vorstellung auch direkt sausen lassen.
Ebenso in Dishonored, wobei hier hinzu kommt, dass das ein ganz eigenes Universum darstellt und keine Alternative des unseren.
Und hier sprichst du doch schon von einer Alternative. Wenn ich mich also von dem Gedanken löse, dass
The Order: 1886 eine Entwicklung zeigen will, die alternativ zu unserer Geschichte im 19. Jahrhundert hätte ablaufen können, dann ist doch alles okay.
The Order: 1886 hat es nicht geschafft, seine Regeln zu vermitteln, weswegen das Spiel trotz dichter Atmosphäre und atemberaubender Grafik (oder vielleicht gerade deswegen?) wie ein weiterer Fall von style over substance wirkt.
Hier brauche ich nochmal eine mögliche Schablone für Regeln von dir. Wie hätte es aussehen müssen, damit du es als glaubwürdig abstempeln kannst? Den Punkt muss ich noch verstehen. :o
Das hier ist vordergründig eine Frage von Immersion und Glaubwürdigkeit. Das können sogar Titel haben, die nicht sehr realistisch sind, sondern vielmehr fantastisch. Titel wie Grim Fandango, Dishonored, Final Fantasy, oder die Dark-Souls-Titel, und viele weitere.
Da du schon am Doppelpunkt nachgehakt hast, will ich auch mal kleinlich sein dürfen. ;D
Ob der Duden mir recht gibt, weiß ich nicht. Ich bezweifle es sogar. Allerdings kann es missverständlich wirken, wenn du in diesem Kontext von "fantastisch" schreibst. Mit "f" geschrieben klingt es für mich synonym zu "herausragend", "toll", "sehr gut",...
In diesem Fall geht's aber um Dinge aus der Welt der Fabeln/Sagen/Märchen/Mythen. Irgendwelche fiktiven Szenarien, die mit übernatürlichen Entitäten gespickt sind. Da würde ich bis heute "ph" verwenden, ungeachtet des eingedeutschten Wortes "Fantasy". Das irritiert mich.
Na ja, soviel zu dieser Kleinigkeit.
Tu mir den Gefallen – du schreibst ja ohnehin sehr gerne und viel, außerdem liebst du die Diskussion
– und gib mir noch die Erläuterungen an die Hand, warum
Grim Fandango und
Final Fantasy glaubhaft sind. Nur, damit ich es auch richtig verstehe.