Jetzt zur Langfassung.
Ich steh hier natürlich wieder als der komische Kauz da, mit seinen absurden, hohen Ansprüchen, aber sei's drum. Offengesagt versteh ich im Gegenzug diese Anspruchslosigkeit bei Videospielern ebensowenig. Es wird so viel ignoriert, während kaum selbst nachgedacht oder hinterfragt wird. Aber wie sollen denn Videospiele als erzählendes Medium ernstgenommen werden, wenn man von diesen nicht ein ähnlich hohes Niveau erwartet? Kritisiere ich sowas wird das entweder als unwichtig deklariert, oder irgendwie schöngeredet.
Wenn ein Buch, oder ein Film erzählerisch hapert, weil die Handlung überladen ist, oder die Verantwortlichen einfach unfähig sind eine Geschichte zu erzählen (Zack Snyder, Freunde!), wird das völlig zurecht kritisiert. Ebenso wäre es ein Unding, wenn dir ein Buch oder ein Film rotzfrech eine Handlung ohne richtiges Ende serviern würde (fortlaufende Reihen wie Ein Lied von Eis und Feuer würde ich ausklammern, lasse ich aber bewusst in der Schwebe, da ich davon keinen einzigen Ableger gelesen habe), nur bei Videospielen ist es fast Tradition dort Teile mit miesen Cliffhangern enden zu lassen. Titel wie Assassin's Creed, XIII, God of War 2, Beyond Good and Evil; noch irgendwelche Beispiele? Bei TV-Serien ist die Verwendung von Cliffhangern ja noch legitim, ist dort die Wartezeit auf die nächste Folge eher kurz (maximal ein Jahr, wenn man auf die nächste Staffel warten muss), bei Videospielen, die viel aufwändiger zu produzieren sind, dauert das in aller Regel jedoch deutlich länger (und wird unter Umständen nie aufgelöst).
Eine gute Handlung sollte in sich abgeschlossen sein und wenn man ein gutes Buch liest, oder einen Film sieht, dann kann man dies auch erwarten. Bei The Order (um letztendlich wieder zu dem Spiel zurückzukommen) ist so gut wie gar nichts abgeschlossen. Es werden im Laufe des Spiels mehrere Handlungsbögen begonnen, von denen kein einziger wirklich beendet wird. Darüber hinaus ist die Handlung derart überladen, dass man nicht einmal genau sagen kann, was denn jetzt im Zentrum des Spiels liegt, bzw. worum genau es geht. Die Verschwörung der Vereintes-Indien-Kompanie? Die Abkehr Gallahads vom Orden? Die Rebellion der niederen Klassen? Die Bedrohung durch Halbblüter? The Order nimmt sich zu vieler Dinge an und hat deshalb für keinen der Plotpunkte richtig Zeit. Weniger wäre da mehr gewesen. So wie beim allerersten Mass Effect. Dort haben sich ursprünglich drei große Oberthemen herauskristallisiert, und um die Handlung zu straffen wurden letztendlich zwei der Themen gestrichen. Was blieb war der Kampf gegen die Maschinen als großes Kernthema.
Bei The Order hingegen geht es um viel zu viel und deswegen letztendlich auch irgendwie um nichts. Die Verschwörung wird nach Gallahads Ergreifung nicht mehr erwähnt oder verfolgt. Die Rebellion ist nur in der ersten Hälfte des Spiels wirklich präsent und dient darüber hinaus ohnehin nur als Kanonenfutter. Und für den Wandel des Protagonisten, Gallahad, als zentrales Element der Handlung bleibt die Figur viel zu blass und nichtssagend. Ein generelles Problem der Figuren, denn keinem von ihnen wird ein Blick in dessen Seele gewährt, keiner wird wirklich charakterisiert oder kriegt so etwas wie Tiefgang spendiert.
Und wie wenig man über die Spielwelt erfährt, hab ich ja mehrmals erwähnt und kritisiert. So war in Bioshock der Handlungsort Rapture der stärkste Protagonist und heimliche Star des Spiels, während London nur als sehr schöne Kulisse taugt.
Und deswegen ist das Writing bei The Order einfach nur beschissen. Ich wiederhol es gerne noch mal: blasse Figuren, eine oberflächliche Spielwelt und eine überladene Handlung, die nichts zu Ende führt.
Ob und wie sehr das stört ist natürlich eine andere Frage, aber Hand aufs Herz, guter Stil oder qualitativ hochwertig ist sowas nicht.