Nach so einer langen Kritik fühle ich dazu verpflichtet, auch noch meine Meinung abzugeben. Ich benutze keine Spoilertags, also man wurde gewarnt.
Das Gameplay ist echt wuchtig und hervorragend. Bricht man es auf den Kern herunter, ist es ein Survial Actiongame mit einer mehr als cineastischen Präsentation, dazu später mehr.
Man spürt jeden Schuss, den man abfeuert oder den man einsteckt. Gegner erhalten eine kostenfreie Schönheits-OP, wenn ihnen einen Schuss mit der Schrotflinte verpasst wird. Infizierte stößen Schreie ihrer Todesqualen aus, sobald man genüsslich beobachtet, wie sie verbrennen. Zudem gurgeln menschliche Gegner, sobald ihnen, mittels Springmesser natürlich, die Halsschlagader durchtrennt wird. Dies wir nur noch getoppt, durch das Gefühl, das man beim Erwürgen verspürt. Es ist makaber, allerdings merkt man, sobald der Gegner seinen letzten Atemzug macht.
Diese Momente sind auch nötig aufgrund der Muntionsknappheit. Hier gibt es allerdings ein großes Problem. Ich hatte diese so gut wie nie. Stattdessen lief ich die meiste Zeit mit einem gut gefüllten Inventar rum. Sprengfalle oder Molotow Cocktail? Wird nur verwendet, wenn meine Craftingmaterialen voll sind. Schüsse? Ich habe doch mein Springmesser und meine Muskeln. Außerdem lässt sich das Gameplay sehr gut durch die automatischen Speicherpunkte austricksen. Ich wurde erwischt, ach erschießt mich doch. Sicherlich nicht die Art und Weise, wie es sich der Erschaffer gedacht hat, aber ich kann das Spiel so spielen, wie ich möchte. Außerdem bin ich generell sehr streng mit meinen Materialien. Hatte bei Ellie in Kalifornien 520 Pillen angesammelt, die dann erst einmal verteilt werden mussten.
Sehr gut sind ebenso das Gefühl der verlassenen Welt, die mehr und mehr von der Natur erobert wird. Es gibt immer noch viele Orte mit dem Gefühl der "alten" Welt. Finde ich auch per se nicht schlecht, aber stellenweise auch ein wenig komisch. Warum ist das Krankenhaus ca. 24 Jahre nach dem Ausbruch sowie X Jahre nach dem Zusammenbruch Seattles noch nicht geräumt? Hätte ich zuerst geräumt, aber ich wurde ja nicht gefragt. Tolle Schauplätze und obwohl es zu 80-90 % in einer Stadt spielt, gibt es genügend Abwechslung. Bravo Naughty Dog!
Eine Ermahnung gibt es aber trotzdem genau für diesen Aspekt für Naughty Dog. Habe mich jetzt mehr mit dem Spiel und den Umständen dessen Entwicklung beschäftigt. Dieser extreme Crunch bei der Entwicklung ist nicht so schön und hätte nicht sein müssen.
Generell ist das Spiel finde ich auch viel zu lang. Eigentlich ist man schon am aktuellen Ziel angelangt, allerdings ist dann noch ein Straßenzug, den man durchqueren muss, noch ein Haus das erkundet werden muss, noch ein Umweg, der gegangen werden muss. Manchmal ist weniger mehr. Dadurch würde man sowohl Spielzeit als auch Entwicklungszeit sparen.
Was gibt es noch zu sagen? Tolle Gegnerauswahl, auch wenn mich die neuen Stalker in den Wahnsinn getrieben haben. Noch schlimmer waren nur Infizierte, die an der Wand geklebt sind. Hat dazu geführt, dass ich jeden genau gemustert habe, ob er noch lebt. Am Ende trotzdem noch genügend übersehen.
Ebenso die verschiedenen Gruppierungen bei den Menschen, die verschieden vorgehen, ist ein interessanter Aspekt, aber auch nichts neues. Das angesprochene Rufen der Namen ihrer gefallenen Kameraden ist effektiv, aber nach dem dritten Mal auch schon zu Ende genutzt. Schlimmer fand ich es die Hunde zu töten, aber sie waren halt Gegner.
Zu erwähnen war noch der Bosskampf, der nach ca. 2/3 des Spiels im Krankenhauskeller stattfand. Damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet, aber ich wusste schon von seiner Existenz. Coole Idee, aber miese Umsetzung. Ist halt ein typischer Bosskampf, der bei einer gegnerischen Attacke vorbei ist. Visuell und atmosphärisch, aber sensationell umgesetzt.
Jetzt noch ein paar Worte zur Handlung, denn die kann man nicht außen vor lassen. Allein die Zwischensequenzen und die Dialoge der Charaktere nehmen acht oder neun Stunden ein. Acht oder neun Stunden! Dieser Aspekt ist so groß, dass man ihn nicht außer Acht lassen kann. Zumal Naughty Dog selbst einen riesengroßen Wert darauf legt. Ich kann verstehen, dass man selbst keine Stories in Games braucht, aber bei einer Auseinandersetzung, kann man sie nicht außer Acht lassen.
Das Spiel bietet eine 08/15 Handlung, die getrieben ist mit Rachemotiven, dazu noch den Kampf zwischen einen Miliz und einer fanatischen Sekte in der Apokalypse, fertig ist sie. Getragen wird sie von ihren Schockmomenten und dem Wechsel der Perspektive von Ellie auf Abby. Trotzdem funktioniert sie hervorragend und unterhält auch. Deshalb gehe ich auch nur auf Dinge ein, die mich gestört haben. Loben könnte ich immer noch.
Trotzdem hat sie das riesige Problem, das der Cast viel zu groß ist, wodurch zwangsläufig Figuren auf der Strecke bleiben. Als Beispiel kann man die Salt Lake Crew um Abby nennen. Im Prinzip werden nur Abby und Owen und ihre gemeinsame Geschichte vorgestellt, während die anderen Mitglieder mehr oder weniger zu Statisten verkommen.
Manny ist halt der mexikanische Playboy, der sich eine Kugel von Tommy einfängt. Nora wird im Kranakenhaus von Ellie brutal hingerichtet. Mel hat ein Problem mit Abby, aber welches genau erfährt man nicht wirklich. Weiß sie von Betrug Owens? Keine Ahnung, ist auch relativ egal.
Außerdem ist der Wechsel Abbys Persönlichkeit in gerde einmal 48 Stunden zwar nachvollziehbar, aber trotzdem auch viel zu plötzllich. Da ist keine Entwicklung vorhanden.
Auf Seiten Ellies sieht es nicht besser aus. Mit Dina kommt es zu einem Kuss, kurz darauf rauchen sie im Keller Gras, sie erfährt von Dinas Schwangerschaft und erziehen dann JJ. Alles tolle oder lustige Szenen, aber die Intention dahinter verstehe ich nicht wirklich. Dina ist halt da. Sie ist Jüdin und hatte eine Schwester. Mehr ist nicht hängen geblieben.
Ebenso verhält es sich mit dem Wirbel um die LGBTQ-Thematik des Spiels. Die Aufregung war schon total sinnlos und auch im Spiel merkt man es kaum. Klar Ellie liebt eine Frau und Lev ist in Wirklichkeit Lily. Das war es schon. Gerade der letzte Aspekt löste bei mir ein so großes Schulterzucken aus.
Außerdem bleiben viele Punkte vollkommen unklar und werden nur angerissen oder gar nicht thematisiert. Isaac als Anführer der WLF ist so unnötig. Eine Vogelscheuche hätte einen ähnlichen Effekt gehabt.
Der fanatische Clan der Seraphiten bleibt komplett im Dunkeln, obwohl man tief in das Herz dieser Sekte eindringt. Man kennt zu einem Bruchteil ihre Motivation, aber das war es auch. Wie sind sie organisiert? Wer sind die Ältesten? Warum greifen sie ständig die WLF an? Warum stehen sie überhaupt im Krieg? Vor allem, was hat es mit der Prophetin auf sich?
Natürlich werden einige Fragen durch die sammelbaren Artefakte und Notizen beantwortet, diese sind aber nahezu alle belanglos und unnötig. Super Storytelling! Verstecke Motive oder Intentionen hinter Dinge, die nicht alle finden können. Hier hätte man wirklich mehr machen können, aber dann wäre das Spiel noch länger geworden.
Leider kannte ich schon einige Momente wie den Tod Joels, den Hintergrund Abbys mit ihren Vater und den Charakterwechsel in der zweiten Hälfte des Spiels. Haben sie funktioniert? Definitiv, aber ich war halt nicht so geschockt, aber dies möchte ich dem Spiel nicht ankreiden.
Teilweise sind sie auch total unnötig und sehr aufgesetzt. Ellie ersticht die schwangere Mel und ist total schockiert. Jetzt auf einmal nimmt sie ein Tod mit. Wie viele Menschen hat sie in den Stunden davor schon getötet, die eventuell Kinder haben. Ist egal, aber jetzt muss es schockieren.
Eingehen möchte ich noch auf das letzte Kapitel. Ist dieses überhaupt nötig? Allein hierüber kann man schon ewig diskutieren. Nach dem Showdown im Theater, bei dem Abby zurücksteckt, gibt es auch noch den finalen Showdown am Strand. Hier verschont Ellie, die gar nicht mehr so maskuline und durchtrainierte, Abby, wie sie es zuvor tat.
Die Inszenierung des Kampfes war grandios und hat mich total mitgenommen. Am Anfang habe ich auch keine Taste gedrückt, da ich gehofft hatte die Wahl zu haben, ob Abby oder Ellie überlebt. Glücklicherweise verzichtet Naughty Dog auf diese dämliche Entscheidung und erzählt die Geschichte selbst zu Ende, die kein Happy End hat und auch kein Happy End verdient hat.
Mein Liebling ist auch Abby, die eine tolle Figur ist. Allein schon wegen ihrer maskulinen Erscheinung, die, in einer untergegangenen Welt mit Nahrungsknappheit, durchaus angezweifelt werden kann. Eigentlich ist sie nur eine kaltblütige Killerin, die alles ihrem Ziel, die Rache für den Tod ihres Vaters, unterordnet. Trotzdem habe ich sie ins Herz geschlossen.
Elliie hingegen kommt in diesem Spiel eigentlich nur als Psychopathin rüber, die komplett emotionslos killt. Trotzdem scheint sie beim Großteil der Spieler immer noch besser anzukommen. Ist Geschmackssache, ebenso wie die Entscheidung Joel am Anfang sterben zu lassen. Diese ist aber meines Erachtens notwendig. Ansonsten halt Drohungen schreiben und zeigen, wie begrenzt der eigene geistige Horizont ist.
Insgesamt war es herausragendes Spielerlebnis, das mich für über 35 Stunden hervorragend unterhalten hat. Es war meine beste Erfahrung im Bereich der Videospiele seit Red Dead Redemption II, das ich noch ein Stück höher einordne. Last of Us Part II ist für mich ein wegweisendes Spiel, dessen Aspekte, trotz teilweiser großer Kritik meinerseits, perfekt zueinander passen.