GOG.com
Die Verkaufsplattform GOG.com unterscheidet sich von ihren Wettbewerbern durch ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal: Spiele werden DRM-frei angeboten, völlig ohne Kopierschutz. Im Moment verkauft GOG hauptsächlich alte Klassiker, teils in neuen Versionen, aber auch einige aktuelle Titel. Wer will, kann theoretisch jedes bei GOG.com gekaufte Spiel unendlich oft vervielfältigen, es auf beliebig vielen Rechnern installieren und es ohne technische Hindernisse illegalerweise an andere weitergeben. Anders als beim größten Konkurrenten Steam, bei dem Spiele immer an den Account eines Nutzers gebunden werden und auch nur funktionieren, wenn der dazugehörige Nutzer eingeloggt ist. Warum der Verzicht auf Kopierschutz ein entscheidender Vorteil des Geschäftsmodells sein soll und welche Vorzüge GOG.com Spielekäufern sonst noch bieten will, habe ich vor Ort erfahren - bei einem Hausbesuch in Warschau.
Während die Firmenzentrale von CD Project Red - wozu GOG gehört - von außen betrachtet auch eine Fabrik für polnische Spezialitäten sein könnte, ist sie in ihrem Innenleben behängt mit Artworks zu einer Vielzahl an Spielen, den Eingangsbereich ziert eine lebensgroße Witcher-Statue. Ein Paradies für Videospieler, bunte Bilder an den Wänden, überall Monitore, Spiele und ihre Fans. Alles schreit: Hier arbeiten Menschen, die selbst spielen und die Videospiele lieben, sie mit Respekt behandeln. Geschäftiges Treiben allenthalben und ein Selbstverständnis als die „DRM-free revolution", wie es auf mehreren Postern steht.
„Deutlich gesagt: Wenn jemand DRM als Kopierschutz verwenden will und es für sein Spiel benutzt, kostet das Geld. Dabei schützt es aber das Spiel nicht wirklich davor, kopiert zu werden", sagt Marcin Iwinski, Gründer von GOG.com. „Für jedes einzelne Spiel, das erscheint, gibt es einen Crack, um den Kopierschutz zu umgehen. DRM funktioniert nicht, es schützt die Spiele nicht." Dennoch gebe es in der Industrie den Irrglauben daran, dass es vielleicht doch irgendwie funktionieren könnte. „Gerade bei den großen Unternehmen der Branche braucht es aber viel Zeit, um zu verstehen, dass DRM nichts bringt", so Iwinski weiter.
Große Publisher zu überzeugen, dass es sich lohnt, ein Spiel auf GOG.com zu veröffentlichen - ganz ohne Kopierschutz - kann manchmal schwierig sein. „Es hängt ein wenig von der Größe der Unternehmen ab. Aber generell verstehen immer mehr Publisher, was wir hier versuchen", sagt Iwinski. Die Krux an Kopierschutzmaßnahmen: Manchmal helfen sie nicht nur nicht, sie schaden sogar. Die aktuelle Inkarnation von Sim City erschien in einer Fassung, die Spieler dazu zwang, permanent online zu sein, wütende Proteststürme waren die Folge. Der GOG-Konkurrent Steam besitzt seinerseits zwar einen Offline-Modus, der muss jedoch extra aktiviert werden. All das sind Hürden, die Spieler nehmen müssen. Wer bei GOG.com ein Spiel herunterlädt, kann es direkt vom Desktop aus starten, ohne Umwege. Wer ein Spiel aber raubkopieren will, findet auch Wege, das zu tun - völlig unabhängig davon, ob das mit dem Download eines Cracks verbunden ist oder nicht.
Wie nun aber kommen die aktuell knapp 1000 DRM-freien Spiele auf GOG.com? „Wir haben natürlich die Spielegeschichte selbst und natürlich haben wir die Wunschlisten der User auf GOG ", so Iwinski. „Generell sind die Leute, die hier arbeiten, aber laufende und sprechende Spiele-Lexika. Ich persönlich fühle mich manchmal wie ein Noob, wenn ich mit jemandem aus der Qualitätssicherung spreche."
Überhaupt, die Qualitätssicherung: In Warschau wird jedes Spiel intensiv geprüft, bevor es auf GOG.com erscheinen darf. „Was unsere Qualitätssicherung macht: Wir finden Wege, Spiele kaputt zu machen", sagt Ewa Stiller, verantwortlich für die Abteilung bei GOG. Was Sie meint: Die Mitarbeiter suchen akribisch nach Bugs, probieren jede noch so unwahrscheinliche Spielsituation aus und beobachten, was passiert. Dabei kann es Testphasen geben, die sich durchaus in die Länge ziehen - bei Dungeon Keeper waren es sechs Monate. In der Qualitätssicherung von GOG sitzen Menschen, die tagein, tagaus, nichts anderes machen, als herauszufinden, wo Spiele Fehler haben könnten und auf welchen Systemen diese Fehler auftreten. Dann werden sie behoben.
Die Botschaft ist: Wer ein Spiel bei GOG.com kauft, soll wissen, dass es auf seinem System funktioniert. Weil realistischerweise keine Qualitätssicherungsabteilung der Welt alle möglichen Konfigurationsvarianten durchprobieren kann, gibt es aus Warschau ein 30-tägiges Rückgaberecht. Wenn ein Spiel nicht funktioniert, gibt's das Geld zurück. Das Spiel wird dann aus dem GOG-Account gelöscht. Die Gefahr, dass derjenige, der sich beschwert, das Spiel vorher bereits heruntergeladen hat und es weiterhin benutzt, geht das Unternehmen ein. Manche Spiele schaffen es gar nicht auf GOG - sie werden von vornherein als zu schlecht abgelehnt.
Auch bei guten Spielen kann es jedoch dauern, bis sie den Weg auf GOG finden. Die Rechtelage ist oft kompliziert - das Unternehmen, dass die Rechte für ein Spiel einmal besessen hat, ist heute möglicherweise mehrfach aufgekauft worden. Teilweise wollen die neuen Rechteinhaber dann nicht mehr auf GOG vertreten sein - so geschehen etwa beim ersten Teil von Fallout. Die Reaktion darauf: GOG nahm das Spiel tatsächlich aus dem Angebot, bot es allerdings in den drei Tagen zuvor kostenlos an. „Die Verhandlungen mit unseren Geschäftspartnern gestalten sich sehr unterschiedlich", erzählt Robert Przybylski, Leiter der Business-Development-Abteilung. Auf der einen Seite seien da viele große Konzerne, mit denen die Verhandlungen schwierig seien, zumal wenn einige Rechtefragen ungeklärt sind. „Andererseits gibt es aber viele kleine Indie-Entwickler, mit denen man im Laufe der Zeit eine echte Freundschaft aufbaut", so Przybylski.
In Zukunft will man bei GOG auch immer mehr aktuelle und Triple-A-Spiele mit ins Programm nehmen, das Geschäft ausbauen. Mit Galaxy befindet sich derzeit ein optionaler Client in der Beta-Version. Er soll von anderen Distributionsplattformen bekannte Features wie Achievements, automatische Updates, Leaderbords und Freundeslisten nun auch bei GOG einführen. Zudem sollen so Online-Multiplayerspiele möglich werden. Auf die Frage, ob es denn seine Absicht sei, in direkte Konkurrenz zu Steam zu treten, antwortet Marcin Iwinski: „Wir stehen jetzt schon im Wettbewerb. Die Leute haben die Wahl, ob sie zu uns oder zu Steam gehen. Wir bieten unsere Spiele ohne DRM an. Wenn die Leute lieber woanders kaufen wollen, sollen sie das machen." Vom Irrglauben an den Kopierschutz: Ein Besuch bei GOG.com • Eurogamer.de