Was soll man von einem Entwickler denken, der bei einer Präsentation ein Video zeigt, in dem er sich in den Hintern schießen lässt? Richtig geraten, der Mann ist komplett durchgeknallt. Doch Eric „Giz“ Gewirtz ist außerdem eine extrem kreativer Director, der bei Pandemic gleich mehrere Titel auf die Siegesstraße geführt hat. Vor allem die Star Wars: Battlefront-Serie wird vielen Spielern positiv in Erinnerung geblieben sein, bot sie doch besonders abwechslungsreiche Gefechte in dem einmaligen und beliebten Science-Fiction-Szenario.
Wer nun denkt, dass Pandemic endlich an einer Next Generation-Fortsetzung arbeitet, liegt komplett daneben. Nachdem die Entwickler von Electronic Arts gekauft wurden, bekamen sie eine deutlich ungewöhnlichere Lizenz in die Hand, um das Spielprinzip auf die nächste Evolutionsstufe zu heben. Bei Lord of the Rings: Conquest wird nämlich die bewährte Spielmechanik eines Online-Shooters mit Nahkämpfen, mächtigen Zaubern und Belagerungsschlachten kombiniert.
Statt mit AT-ATs oder einem klassischen Panzer, zieht Ihr mit Olifanten und Ents, Belagerungsmaschinen und sogar Sauron in den Krieg. Ihr reitet auf Pferden, jagt Festungen in die Luft und ruft Eure treuen Adler zur Unterstützung herbei. Den absoluten Höhepunkt stellen aber die vier verschiedenen Charakterklassen dar, die sich je nach Ausrichtung komplett anders spielen und so besonders viel Abwechslung bieten sollen.
Exklusiv durften wir dazu mit Game Director „Giz“ ein Telefon-Interview führen, der uns jede Menge Details zu diesem ungewöhnlichen Mehrspieler-Titel verriet. Doch lest selbst, wie Pandemic die kleine Nervensäge Frodo umbrachte und wie Ihr bei Lord of the Rings: Conquest in den Genuss eines steuerbaren Balrogs kommt.
Eurogamer: Gemäß ersten Informationen ist Lord of the Rings: Conquest eine Art Fantasy-Variante von Star Wars: Battlefront. Bis zu welchem Punkt stimmt das und was ist anders?
Eric 'Giz' Gewirtz: Es geht erst einmal um die Vorstellung, an den gewaltigen Schlachten eines Star Wars oder eines Herr der Ringe teilzunehmen. Es geht um diese filmische Variante einer Schlacht, mit einer gigantischen Menge an Figuren und Soldaten. Und es geht um den gewaltigen Kampf zwischen gut und böse, in den wir den Spieler mitten hinein werfen. Wir haben uns Gedanken gemacht, was der Spieler erreichen und wie er die Schlachten für seine Seite gewinnen möchte. Der Hauptunterschied ist die grundsätzliche Herangehensweise.
Bei Star Wars drehte es sich um klassische Shooter-Mechanismen. Bei Lord of the Rings: Conquest ist es die Mischung ganz unterschiedlicher Stile, ungewöhnliche Charakter-Klassen und vor allem ein funktionierendes Nahkampf-System, bei dem nur die Bogenschützen wie in einem klassischen Ego-Shooter funktionieren und die normalen Krieger sich nur auf ihr Schwert verlassen können.
Eurogamer: Auf den ersten Bildern sah man Hunderte Figuren. Sind das KI-Charaktere oder wie kommt Ihr auf solch eine Menge?
Eric 'Giz' Gewirtz: Genau wie bei Battlefront sind die Spieler von vielen NPCs umgeben, die mit Euch gemeinsam in die Schlacht ziehen. Nur so können wir diese epischen Schlachten glaubhaft umsetzen. Im Multiplayer könnt Ihr Euch mit bis zu 16 Spielern die Köpfe einschlagen, die Solo-Kampagne funktioniert dagegen mit bis zu 4 Spielern im Coop, über Splitscreen oder eben ganz alleine. Aber selbst im letzten Fall seid Ihr umgeben von einer ganzen Menge KI-Verbündeter und Feinden.
Eurogamer: Wie versucht Ihr mit der im Vergleich zu Shootern relativ eingeschränkten Waffenauswahl umzugehen? Wird es Spezialattacken oder gar Zaubersprüche geben?
Eric 'Giz' Gewirtz: Es wird bei Conquest vier unterschiedliche Charakterklassen geben. Der Krieger besitzt verschiedene Spezialattacken, kann sein Schwert in Brand setzen und verfügt über vernichtende Würfe. Der Bogenschütze ist wiederum dazu imstande, spezielle Pfeilangriffe einzusetzen, Fallen zu legen und im Notfall auch im Nahkampf zu agieren. Der Scout entspricht am ehesten einem Dieb beziehungsweise Streuner. Er kann sich partiell unsichtbar machen, brutal von hinten zuschlagen, mit Bomben Flächenschaden anrichten oder feindliches Material sabotieren. Die vierte Klasse ist der Zauberer, der einen vollwertigen Magie-Benutzer darstellt. Er kann verschiedene Angriffszauber wirken, Flammenwände beschwören und die eigene Truppe heilen.
Eurogamer: Wird es denn auch Auren oder andere Upgrades geben, mit denen der Spieler die KI-Verbündeten in ihrer Kampfkraft stärken kann? Oder sind sie komplett autark?
Eric 'Giz' Gewirtz: Wir haben die Upgrades in das Kampfsystem integriert. Zum Beispiel füllt man beim Krieger mit erfolgreichen Attacken eine Leiste, die man dann in Spezialattacken umsetzen kann. Wichtig war uns dabei, dass alles direkt in der Schlacht stattfindet. Außerdem gibt es auf beiden Seiten Helden, die man aktivieren kann und so die Kampfkraft verstärkt. In dem man bestimmte Missionsziele einnimmt oder im Multiplayer eine gewisse Punktzahl erreicht, werden Helden frei geschaltet, die dann als ein Upgrade der einfachen Charakterklassen fungieren.
Eurogamer: Es gibt nur wenige Online-Spiele, in denen der Nahkampf vernünftig umgesetzt wird. Wie versucht Ihr das bei Conquest zu lösen? Kann man einen Gegner fest ins Visier nehmen?
Eric 'Giz' Gewirtz: Dies war das erste Problem, mit dem wir uns befasst haben. Uns war bewusst, dass wir nicht einfach einen weiteren Shooter im Herr der Ringe-Universum machen konnten. Wir haben uns ganz genau überlegt, wie wir den Nahkampf so glaubhaft wie möglich gestalten können. Conquest ist eines der ersten Spiele, das beide Varianten anbietet. Deshalb versuchen wir den Kampf Schwert gegen Schwert genau so spannend umzusetzen wie die Auseinandersetzung zwischen Schwert und Bogen.
Eurogamer: Was plant Ihr für die Einzelspieler-Kampagne? Andere Multiplayer-Spiele taten sich schwer damit, eine vernünftige Einzelspieler-Erfahrung zu liefern. Wie wollt Ihr die Geschichte umsetzen? Wird es Zwischensequenzen geben?
Eric 'Giz' Gewirtz: Ich denke, wir haben viel Erfahrung gesammelt. Beim ersten Battlefront gab es im Single-Player nur einfache Gefechte gegen KI-Gegner. Beim zweiten Teil erstmals eine Art Story, um den Spielern eine besondere Spielerfahrung zu liefern. Gleichzeitig wollten wir aber nicht die Freiheit des offenen Schlachtfelds einschränken. Wir haben versucht, bei jedem Durchgang ein anderes Erlebnis zu liefern. Uns ist bewusst, dass dies eine große Herausforderung ist. Es ist eben ein gewaltiger Unterschied zwischen einem linearen, erzählenden Gameplay und unseren offenen, filmartigen Schlachten.
Diesmal wird die Kampagne noch stärker an spezielle Missionen geknüpft. Es wird zwei komplette Kampagnen geben. Eine auf der guten Seite und eine auf der bösen. Zum ersten Mal in einem Herr der Ringe-Spiel wird man die bösen Helden selbst steuern können. Auf der guten Seite geht es um die Befreiung von Mittelerde. Auf der Seite der Bösen wird die Geschichte neu geschrieben. Wir erzählen, wie Frodo versagt, stirbt und Sauron den Ring wieder erlangt. Das Spiel startet also kurz vor dem Ende der Triologie und Ihr müsst danach gemeinsam mit Sauron Mittelerde erobern. Also haben wir eine umfangreiche Geschichte in beiden Kampagnen.
Beim Gameplay wollten wir aber trotzdem dem Spieler überlassen, wie er vorgeht, welche Klasse er benutzt und welche Werkzeuge er einsetzt. Er soll selbst entscheiden, ob er mit einem Pferd in die Schlacht reitet oder lieber zu Fuß angreift. Es ist also eine schwierige Aufgabe, eine Mischung aus Freiheit und Erzählung zu erlangen. Bei den Zwischensequenzen werden wir zum einen Teil Filmausschnitte verwenden und zum anderen vorgerenderte Sequenzen am Anfang und am Ende einer Mission. Dadurch können wir eine eigene Geschichte erzählen und sind nicht an das Material gebunden.