3rd Party verkauft Casual, Nintendo ist machtlos
Früher war alles einfacher
Und schwerer
Und besser sowieso
Aber beginnen wir besser in der Mitte: Vor fünfzehn Jahren tobte ein Krieg zwischen Sega und Nintendo, ein Konkurrenzkampf der auf den beiden 16bit-Konsolen allerlei gute Spiele hervorbrachte. Jeden Monat erschienen gute und schlechte Titel, jeder bekam seinen Teil vom Kuchen, jeder war mehr oder minder glücklich, es gab Profis und Anfänger und Fortgeschrittene und im Gesamtbild zeigt sich eine Ära der richtig guten Spiele.
Dann kam Sony auf die Idee, ebenfalls eine Konsole zu veröffentlichen. Für einige Zeit gab es drei Bewerber um den Zockerthron. Im Verlaufe der blutigen Massenschlacht erlag Sega seinen finanziellen Wunden, Nintendo hielt sich mit einer überschaubaren Anzahl ordentlicher bis sehr guter Titel über Wasser, während die Playstation von einer Welle der Instant-Games an die Spitze getrieben wurde. Man hatte also die Wahl zwischen dem N64 mit der gewohnten Zocker-Qualität einerseits und der PSone mit einer unglaublichen Fülle von Softwareschrott andererseits. Sicher gab es auch gutes Zeug für Sonys Heimkonsole, gegen Ende der Neunziger sogar mehr als fürs N64. Auf jeden Fall zeigte sich hier bereits eine Spaltung in Gelegenheitsspieler und Gamer. Die Spiele wurden hübscher, leichter und vor allem vielfältiger.
Mit der GameCube-Ära gewann Nintendo langsam wieder an Boden, wobei die 3rd-Party-Unterstützung allmählich wiederbelebt werden konnte. Microsoft und Sony zankten sich um Platz eins, während der japanische Traditionshersteller auf dem dritten Platz fröhlich vor sich hin lebte. Endlich gab es auch für europäische Konsolen so exotische Titel wie „Doshin the Giant“ und damit begann eigentlich bereits der Aufstieg der ungewöhnlichen und Einsteiger-orientierten Spiele. Die Core-Games wurden weiterhin multiplattform oder exklusiv veröffentlicht, auf dem Würfel waren sie allgemein jedoch selten anzutreffen. Die Konkurrenz ertrank also noch immer in Spielen aus der Konserve, hatte zeitgleich aber auch viele echte Kracher zu bieten.
Mit der aktuellen Konsolen-Generation erschloss sich Nintendo eine komplett neue Nische. Doch zu welchem Preis? Die Wii brilliert mit einer komplett neuen und innovativen Steuerung, bewegt sich technisch aber auf dem Niveau von PS2 und X-Box. Für die Entwickler bieten sich daher nicht viele Möglichkeiten.
1) Wir portieren alte Titel auf die Wii. Dann schreien die Zocker allerdings Zeter und Mordio, wenn wir die coole Steuerung außer Acht lassen oder zu wenige neue Features einbauen. Außerdem müssen auch Grafik und Sound möglicherweise ausgetauscht werden. Viel Arbeit für unsicheren Erfolg.
2) Wir gehen multiplattform. Ein Spiel – vier Zielgruppen. Klingt gut, scheitert aber an der Technik, da man (frei nach Punkt 1 wieder Details entfernen muss).
3) Wir basteln Wii-exklusiv. Die Verkaufszahlen für die Hardware bezeugen ein großes Potenzial, die Zusammensetzung der Wii-Gemeinde offenbart jedoch einen verheerenden Anteil von Casual-Spielern. Oma und ihre zehnjährige Enkelin werden sich kein gehobenes Action- oder Rollenspiel kaufen.
4) Wir produzieren jene billige Masse die anscheinend so gut beim Käufer ankommt. Angebot und Nachfrage, einfaches kapitalistisches System mit Erfolgsgarantie.
Als Publisher fällt die Wahl nicht unbedingt schwer, oder? Früher haben die Dritthersteller wenigstens noch ab und zu mitgespielt, weil die Verkaufszahlen zur Produktion „echter Spiele“ animieren konnte. Inzwischen sind aber Casual-Games angesagt, also werden sie auch programmiert. Der einzige Lichtblick für uns Core-Gamer sind die alteingesessenen Programmierer, die Legenden der Branche, die leidenschaftlich zockenden Programmierer. Und die basteln halt lieber etwas für Xbox360 oder PC. Demnach ist es nicht verwunderlich, dass die meisten anspruchsvollen Wii-Titel von Nintendo selbst stammen.
Wenn ich als Gamer 50 Euro investiere, erwarte ich Spannung und Herausforderung für mindestens zwei Wochen. Plus Extrazeit für Nebenaufgaben, Geheimnisse, etc. Da liegt Mario Galaxy ganz böse unterhalb der Leistungsmindestgrenze. Die langfristig unterhaltsamen Titel kann man leider an zwei Händen abzählen, selbst wenn man die reinen Mehrspielertitel mitzählt. Wenn ich nicht noch einen PC und einen ganzen Hort alter Retro-Titel hätte, müsste ich mich über die aktuelle Wii-Flaute schwarz ärgern.
Ja, es gibt gute Spiele für Nintendos aktuelle Konsolen.
Ja, es sind wenige und ich habe trotz immensen Zeitmangels fast alle durchgespielt.
Nein, ich will nicht bis zum nächsten Mario, Zelda oder Metroid warten, um wieder puren Spielspaß zu genießen.
Nein, ich lasse mich nicht mit alten Portierungen abspeisen. Die habe ich nämlich ebenfalls schon durchgespielt. Vor zwei bis zwölf Jahren, je nach dem.
Jetzt reicht’s! Her mit den guten Spielen!
PS.: Virtual Console stinkt! Die ein Hälfte der Games ist Sport oder Kampf (interessieren mich also nicht die Bohne), die andere Hälfte liegt bei mir als Cartridge im Schrank.